13.10.2020: „Back to the roots“. Das frühe Christentum und der frühe Islam: deren Verhältnis zum Judentum und untereinander
„Die Not mit dem Messias und der antijüdische Affekt des Heidenchristentums“
ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Treitler (Institut für Systematische Theologie, KTF)
Innerhalb von nur drei Jahrhunderten haben sich im entstehenden Christentum die Antworten auf die Frage nach der Bedeutung Jesu Christi drastisch verändert. Im Zug dieser Veränderungen entwickelte sich nicht nur die christologische Dogmatik, sondern mit ihr teils tiefe antijüdische Aversionen. Sie sind verstehbar als ein Kampf gegen den inneren Feind, der vom Messias kaum noch etwas wusste und dieses Unwissen auf den Widerstand jüdischer Gelehrten gegen Jesus als Messias projizierte, die weder für das frühe Messiasproblem des neutestamentlichen Christentum noch für die Entwicklungen christologischer Dogmatik in irgendeiner Weise verantwortlich sein konnten. Die Hypotheken diese Projektionen wirken bis heute nach.
„Der frühe Islam in seiner Begegnung mit Judentum und Christentum: Vielschichtige Beziehungen“
Adam Shehata, MA (Institut für Islamische Theologie, Universität Osnabrück)
Schon in der frühen Entstehungszeit des Islam drückte der Prophet Mohammed gegenüber christlichen und jüdischen Gemeinschaften großes Vertrauen aus. So sandte er einige unterdrückte Mitglieder seiner Gemeinde nach Abessinien, um dort Schutz zu suchen. Auch als einige Jahre später eine Gemeindeordnung für die Stadt Medina verfasst werden sollte, wurden sie als Teil der einzigen und einigen Gemeinschaft betrachtet, die dort gebildet wurde. Aber in ihrem Selbstverständnis verorteten sich MuslimInnen ohnehin von Beginn an in der langen Tradition jüdischer und christlicher Religion. Die nachprophetische Zeit brachte zahlreiche Begegnungen mit sich, die die Wahrnehmung des jeweils anderen und des Selbst für alle Zeit prägen sollten. Während religiöse Überzeugungen und theologische Lehren für diese Wahrnehmung eine Rolle spielten, müssen im historischen Kontext auch politische, geographische, kriegerische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Momente ins Auge gefasst werden. Eine Betrachtung verspricht aufschlussreich zu sein.