Antijudaismus und Antisemitismus in der Pastoral

Europaweit nimmt der Antisemitismus zu, auch in neuen Formen wie dem Antizionismus und dem sekundären Abwehrantisemitismus. Aus historischen und theologischen Gründen stellt die Bekämpfung dieser Phänomene daher eine wichtige pastoraltheologische und religionspädagogische Aufgabe dar. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Auseinandersetzung mit dem immer noch existierenden christlichen Antijudaismus in der Pastoral.

Veranstaltungsreihe
„Kontinuität und Aktualität des Antisemitismus: Eine österreichische und globale Herausforderung“

Anlässlich des 600jährigen Gedenkens der Wiener Gesera am 12. März 1421 veranstaltete das Sir Peter Ustinov Institut im Sommersemester 2021 in Kooperation mit der Katholisch-Theologischen Fakultät, der Evangelisch-Theologischen Fakultät und dem Forschungszentrum „Religion and Transformation in Contemporary Society“ der Universität Wien eine Veranstaltungsreihe, die sich interdisziplinär mit der Kontinuität und Aktualität des Antisemitismus in Österreich und Europa auseinandersetzte. Die wissenschaftliche Leitung lag bei Regina Polak vom Institut für Praktische Theologie.

Den Auftakt bildete am 4. März 2021 eine Podiumsdiskussion, die ausgehend von einem Vortrag von Prof. Dr. Martha Keil, der Leiterin des Instituts für jüdische Geschichte in Österreich, über die mittelalterliche Judenfeindlichkeit kontinuierliche Entwicklungslinien der historischen Judenfeindschaft zu zeitgenössischen Formen des Antisemitismus in Österreich und Ungarn skizzierte und diskutierte. Die zweite Podiumsdiskussion am 28. April 2021 stand im Zeichen der Erinnerungskultur in Österreich im Kontext des Endes der Zeitzeugen-Generation sowie gesellschaftlicher Transformationsprozesse. Eröffnet wurde diese Diskussion mit einem Vortrag von Prof. Martin Jäggle, dem ehem. Ordinarius für Religionspädagogik und Katechetik der Kath.-Theol. Fakultät, der neben positiven Entwicklungen auch aktuelle Herausforderungen und Fragestellungen identifizierte, denen sich die Erinnerungskultur in Österreich heute stellen muss. Die zweitägige wissenschaftliche Konferenz am 27.und 28. Mai 2021, die in hybrider Form in der Sky-Lounge der Universität Wien stattfand, setze sich aus sozialwissenschaftlicher Perspektive mit aktuellen antisemitischen Verschwörungstheorien, aber auch mit linkem, rechtem, muslimischem und israelbezogenem Antisemitismus auseinander. Ausgelotet wurden überdies aus christlicher sowie jüdischer Perspektive theologische, anthropologische und philosophische Ursachen des Antisemitismus. Schließlich wurden anhand von Praxiserfahrungen Möglichkeiten konkreten Handelns im Kampf gegen den Antisemitismus aufgezeigt sowie Situation und Anliegen der jungen Generation diskutiert. Die Veranstaltungsreihe machte deutlich, dass mehr als 70 Jahre nach der Schoah die Bedrohung von Jüdinnen und Juden sowie jüdischen Lebens noch und wieder eine brisante Herausforderung darstellt, die nur als gesamtgesellschaftliche Anstrengung zu bewältigen ist, wobei auch die Kirchen eine besondere Verantwortung tragen.

Eine Übersicht über die Vortragenden sowie die Veranstaltungen zum Nachschauen und -hören finden sich auf der Website des Sir Peter Ustinov Instituts: 2021 | Kontinuität und Aktualität des Antisemitismus. Eine österreichische und globale Herausforderung | Ustinov Institut. Die Vorträge der Referentinnen und Referenten werden im Lauf des Jahres publiziert.

Publikationen

Gastkommentar: Antisemitismus und Erinnerungskultur. Die aktuellen Entwicklungen müssen offensiv benannt und bekämpft werden, in Wiener Zeitung (24.04.2021), Gastkommentar - Antisemitismus und Erinnerungskultur - Wiener Zeitung Online

Regina Polak: "New" Anti-Semitism with a Special Focus on Israel: A Challenge for Catholic Pastoral Theology, in: Regina Polak (ed.): The 70th anniversary of the State of Israel: Insights and Perspectives. Politics – Culture – Religion. (Reihe Religion and Transformation in Europe der UV), Wien 2020, 147–196.

Regina Polak: Antisemitismus in der Pastoral. Eine katholische Perspektive, in: Theoweb. Zeitschrift fuer Religionspaedagogik 18 (2019), H.1, 18–34